Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs: Frauenärzte der GenoGyn warnen vor Systemwechsel (22.02.2012)

Köln. Was erwartet die Frauen? Nach der Nutzenbewertung des HPV-Tests im Primärscreening des Zervixkarzinoms durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) steht nun die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die Zukunft des Screeningverfahrens aus. Die Frauenärzte der GenoGyn halten einen drastischen Systemwechsel vom derzeitigen zytologiebasierten Pap-Test zur HPV-Diagnostik aufgrund der dokumentierten Datenlage für nicht vertretbar. Sie befürchten eine „Verkrankung“ der Frauen, denn mit der Einführung von HPV-Tests im Primärscreening würden zahlreiche gesunde Frauen unnötig für krank erklärt werden.

„Die aktuellen Studienergebnisse liefern keinen eindeutigen Beweis, dass die HPV-Diagnostik im Primärscreening des Zervixkarzinoms dem Pap-Test überlegen ist. Das IQWiG sieht zwar positive Hinweise, ist aber insgesamt nicht in der Lage, eine Empfehlung für eine bestimmte Screening-Strategie im deutschen Gesundheitssystem auszusprechen“, resümiert der Vorstandsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft zytologisch tätiger Ärzte in Deutschland e.V. (AZÄD), Dr. Bodo Jordan, aus dem Aufsichtsrat der GenoGyn.

Gegenwärtig bietet die gesetzliche Krankenversicherung zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs ab dem 20. Lebensjahr einen jährlichen Pap-Test an. Das heißt eine zytologische Untersuchung der Schleimhautzellen aus einem Gebärmutterhalsabstrich. Ein HPV-Test wird heute nur in Ausnahmefällen, etwa bei unklarem Pap-Befund bezahlt. Seitdem eine anhaltende Infektion mit sogenannten highrisk Humanen Papillomaviren als Hauptrisikofaktor für Gebärmutterhalskrebs gilt, diskutieren Fachkreise die Eignung oder Überlegenheit eines HPV-Tests für das Screening. In der Folge hatte der G-BA die Nutzenbewertung durch das IQWIG in Auftrag gegeben.

Der entscheidende Nachweis, dass die Zervixkarzinom-Inzidenz bzw. -Mortalität durch einen HPV-Test tatsächlich gesenkt werden könne, konnte darin nicht erbracht werden. Bei beiden Verfahren besteht, laut IQWIG-Abschlussbericht, indes die Gefahr eines Schadens durch unnötige Folgebehandlungen, weil Krankheitsstadien identifiziert und therapiert werden, die sich ohne Screening womöglich zurückgebildet hätten oder nie auffällig geworden wären. Genau dieses Risiko steigt, nach Worten von GenoGyn-Vorstandsmitglied Dr. Jürgen Klinghammer, durch den Einsatz des HPV-Tests. „Die Sensitivität von HPV-Tests ist im Vergleich zur Zytologie um 33 Prozent höher, die Spezifität allerdings deutlich niedriger, so dass weitaus mehr Frauen mit einem falsch-positiven Ergebnis konfrontiert werden. Mangels signifikanter Vorteile bei Gesamtüberleben und Anzahl der Neuerkrankungen ist das nicht zu rechtfertigen“, so Dr. Klinghammer. Symptomfreie gesunde Frauen würden zu Krebspatientinnen. Damit drohe ein Verlust von Lebensqualität durch Ängste, Schlafstörungen oder Depressionen.

Fazit: Ein Systemwechsel würde nach aktueller Datenlage nicht zu einer Verbesserung der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs führen, die sich, nach Dr. Jordan, in Deutschland in Form eines „habituellen Screenings“ etabliert hat und im Schnitt im Verlauf von drei Jahren rund 80 Prozent der betroffenen Frauen erreicht. Die Häufigkeit des Zervixkarzinoms konnte von 1960 bis 1997 um circa 75 Prozent gesenkt werden. Die Zahl der Neuerkrankungen sank von 40 pro 100 000 Frauen auf 9,2 im Jahr 2008. Für weitere Fortschritte im Kampf gegen das Zervixkarzinom fordert die GenoGyn deshalb gesundheitspolitische Maßnahmen für eine effektivere HPV-Impfung junger Mädchen. Dr. Klinghammer: „Großbritannien baut auf schulbasierte Impfprogramme, und flächendeckende Impfkampagnen haben in Australien für eine Impfrate von 80 bis 90 Prozent gesorgt, während hierzulande nur knapp jedes dritte Mädchen geimpft ist.“