Ringversuch mit Falle (09/2013)

Ringversuch mit Falle

Bei zum Beispiel Blutgruppenmerkmalen oder Opiaten kann man’s ja verstehen, aber Ringversuch auch bei einem Kiki-Streifen-Schwangerschaftstest? Zwecks „externer Qualitätssicherung der Praxen“? Zum Lachen – und sofort vergessen. Zwar auch zum Lachen, doch auf keinen Fall vergessen sollte man die nun ebenfalls nach den BÄK-Laborrichtlinien (RiliBÄKLabor) vorgeschriebene Überprüfung des Harnsediments (Teil B2, Tab. B2-2, Lfd. Nr. 38). Obwohl das Harnsediment technisch etwas aufwendiger ist als der Schwangerschaftstest, schließlich muss unter anderem eine Zentrifuge im Haus stehen und es muss jemanden geben, der damit umgehen kann, ist der diagnostische Nutzen angesichts der heute zur Verfügung stehenden modernen Schnelltests gleichermaßen fragwürdig und damit die Entscheidung der Bundesärztekammer (BÄK) auf den ersten Blick unverständlich. Auf den zweiten Blick, und spätestens hier hört das Lachen auf und ab jetzt sollte man hellwach sein und nichts vergessen, könnte die BÄK-Entscheidung sich jedoch als äußerst listiger Bürokraten-Schachzug entpuppen. Denn das Harnsediment ist obligater Untersuchungsbestandteil der Mutterschaftsrichtlinien (MuRL) – etwas versteckt zwar, aber eindeutig (Kap. 2, Abs. 2 und Abs. 4). Über eine Gemengelage von BÄK und Kassenärztlichen Vereinigungen ist zwar nichts bekannt, doch wer die KV-Bürokraten kennt, der weiß, dass sie per Computerabgleich in Windeseile herausfiltern können, wer die GOP 01770 EBM (Schwangerenbetreuung) abgerechnet und wer für den gleichen Zeitraum am Ringversuch teilgenommen hat. Im Umkehrschluss: Wer am Ringversuch nicht teilgenommen hat, der darf konsequenterweise auch nicht die GOP 01770 abrechnen. Tut man es doch, so können für den diskrepanten Zeitraum sämtliche 01770-Leistungen rückwirkend gestrichen werden. Nur: „In Windeseile“ dürfte die Überprüfung seitens der Bürokraten eher nicht erfolgen – der Computerabgleich selbst schon; das ist eine Sache von nur wenigen Minuten. Doch der Zeitpunkt, wann der Abgleich gestartet wird, das ist eine andere, wesentlich spannendere Frage. Die Erfahrung zeigt, dass die Kontrolle zumeist nicht gleich nach dem ersten Abrechnungsquartal durchgeführt wird und diejenigen, die am Ringversuch nicht teilgenommen haben, ge- bzw. verwarnt werden, sondern die Erfahrung zeigt, dass zwischen Abrechnung und Kontrolle leider oftmals mehrere Jahre vergehen. Und wenn der Abgleich tatsächlich erst nach mehreren Jahren erfolgt, und wenn für diesen langen Zeitraum alle 01770-Leistungen regressiert werden, dann dürfte das in der Regel verdammt teuer werden. Das heißt: Man muss eine Menge Geld zurückgeben, Geld, das man nicht gestohlen, sondern für das man rechtschaffen gearbeitet, das man verdient hat. Das tut doppelt weh. Fazit:
Teilnahme am Ringversuch „Harnsediment“ – ein absolutes Muss!

Laborrichtlinien (14.12.2012)
Mutterschaftsrichtlinien (8.3.2013)

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