Unfruchtbar durch Bakterium: Neues Chlamydien-Screening vermeidet Spätfolgen – Genossenschaft der Frauenärzte fordert Aufklärung der Risikogruppe (29.05.2008)

Köln. Sie zählt zu den häufigsten sexuell übertragenen Krankheiten, doch kaum jemand kennt sie: Von einer Chlamydien-Infektion sind etwa 1,1 Millionen Deutsche betroffen, jährlich infizieren sich rund 300 000 Menschen neu. Unbehandelt drohen Frauen Unterleibsentzündungen und Unfruchtbarkeit. Anlässlich der Etablierung des Chlamydien-Screenings für Frauen bis 25 Jahre fordert die GenoGyn (Ärztliche Genossenschaft für die Praxis und für medizinisch-technische Dienstleistungen e.G.) eine verstärkte Aufklärung der Risikogruppe.

„Aids, Tripper und neuerdings auch die HPV-Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs werden in Schulen kommuniziert. Hier funktionieren Information und Aufklärung“, sagt Dr. Caroline Hoppe, Ärztin für Frauenheilkunde, aus dem Vorstand der GenoGyn. Bei den Chlamydien greift dieses System nicht. Acht von zehn jungen Mädchen haben, laut einer Studie der Ärztlichen Gesundheitsförderung der Frau (ÄGGF), noch nie etwas von einer Chlamydien-Infektion gehört. Das hoch ansteckende Bakterium (Chlamydia trachomatis) wird vor allem bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr übertragen, kann aber auch als Schmierinfektion auf Toiletten übertragen werden. Fatal: Etwa 80 Prozent der Infizierten haben keine oder nur leichte Beschwerden. Nur selten zeigen sich Symptome wie unklare Bauchschmerzen, Blutungen oder Ausfluss. Bleibt die Infektion unentdeckt, können als Spätfolgen Sterilität, chronische Unterbauchschmerzen und Schwangerschaftskomplikationen auftreten. Gefährdet sind vor allem Teenager und junge Erwachsene, da sie zu der Risikogruppe gehören, die statistisch gesehen häufig ihre Sexualpartner wechseln. „Man schätzt, dass die 25-Jährigen bis zu 70 Prozent infiziert sind“, so Dr. Hoppe.
Seit April 2008 gibt es nun für gesetzlich krankenversicherte Frauen bis 25 Jahre ein jährliches kostenloses Chlamydien-Screening, das in Form eines Urintests im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung durchgeführt wird. Wird eine Infektion festgestellt, heilt diese in den meisten Fällen nach einer Antibiotika-Behandlung folgenlos aus; bereits eingetretene Schäden sind dagegen irreversibel. Der Sexualpartner sollte zur Vermeidung eines Ping-Pong-Effektes mitbehandelt werden.

Für den Erfolg des Screenings gelte es jetzt, die Patientinnen über dieses Angebot zu informieren, so Dr. Hoppe, denn längst nicht jede Frau stelle sich regelmäßig beim Frauenarzt vor. Nur etwa die Hälfte der Frauen nutzt die jährliche Früherkennungsuntersuchung. „Selbst junge Frauen, die mit der Pille verhüten, lassen sich das Rezept oft ohne Untersuchung vom Hausarzt geben oder versorgen sich auf Urlaubsreisen rezeptfrei mit der Pille“, sagt Dr. Hoppe. Der Appell der GenoGyn an die Frauen ist eindeutig: „Nutzen Sie bei Ihrem nächsten Besuch beim Frauenarzt die Chance, sich über Chlamydien zu informieren. Nehmen Sie Beschwerden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr ernst und lassen diese beim Gynäkologen abklären“. Beschwerdefreie Frauen über 25, die auf Grund ihres Sexualverhaltens gefährdet sind, könnten sich für rund 65 Euro auf eigene Kosten testen lassen.
„Die Politiker der Kultus- und Gesundheitsministerien und die Medienvertreter fordern wir auf, zur Aufklärung über die Gefahr von Chlamydien-Infektionen beizutragen!“, so Dr. Hoppe.

Auch berufspolitisch sorgt die Einführung des Chlamydien-Screenings für Diskussionsstoff: So beklagt die GenoGyn, wie auch andere Standesvertretungen der Frauenärzte, dass es für die Beratung und Durchführung des Tests keine Abrechnungsziffer gibt. Gleichzeitig wird langfristig ein Qualitätsverlust befürchtet, da das Screening ab 2009 auf einen Urintest beschränkt ist und damit alternativ die Diagnose mittels Zervixabstrich entfällt.