Frauenärzte der GenoGyn plädieren: Gynäkomastie interdisziplinär behandeln (31.08.2015)

Köln. Der Leidensdruck ist enorm, wenn Männern Brüste wachsen. Doch das Tabu um die Gynäkomastie ist groß, und oft vergehen Jahre, bis die Betroffenen einen Arzt aufsuchen. „Nicht selten werden Gynäkomastie-Patienten zum Frauenarzt überwiesen, für eine adäquate Versorgung aber ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Allgemeinärzten, Urologen, Laborärzten, Endokrinologen und Plastischen Chirurgen erforderlich“, sagt Dr. Jürgen Klinghammer, Vorstandsvorsitzender der frauenärztlichen Genossenschaft GenoGyn. Es gelte, eine Vielzahl anderer ursächlicher Erkrankungen sicher auszuschließen und bei andauernder Gynäkomastie auch die operative Korrektur durch einen erfahrenen Plastischen Chirurgen als eine Behandlungsindikation zu berücksichtigen.

Eine Gynäkomastie bezeichnet die ein- oder beidseitig auftretende, schmerzhafte oder schmerzlose Schwellung der Brustdrüsen, sodass die Brust ein typisch weibliches Aussehen erhält. Sie ist meist hormonell-, kann aber auch medikamentös- oder ernährungsbedingt sein. Betroffen sind erwachsene Männer und häufig Heranwachsende aufgrund eines vorübergehenden Hormonungleichgewichts während der Pubertät. Experten schätzen, dass bis zu 60 Prozent der pubertierenden Jungen eine diskrete Gynäkomastie entwickeln, die sich in der Regel wieder zurückbildet.

Die Diagnostik mittels einer umfassenden Anamnese und körperlichen Untersuchung, des Ultraschalls von Brust und Hoden sowie der Labordiagnostik mit Erhebung des Hormonstatus dient dem Ausschluss von hormonellen Erkrankungen, Allgemeinerkrankungen und Tumorbildungen, u.a. des Hodens oder der Brust. „Das Brustkrebsrisiko muss bei Männern mit Gynäkomastie vor allem bei einseitigen Befunden bedacht werden. Bei familiärem Brustkrebs (BRCA-2-Mutationen) steigt das Risiko auf sieben Prozent. Männer mit einem Klinefelter-Syndrom haben ein bis zu 50-fach erhöhtes Risiko für ein Mamma-Carzinom“, so Dr. Jürgen Klinghammer.

Je nach Befund und psychischer Belastung können eine Änderung der Medikation, eine Ernährungsumstellung, Hormonbehandlung oder eine operative Korrektur angezeigt sein. „Die Patienten in meiner Sprechstunde sind meist gesunde junge Männer vor oder in der Adoleszenz und in den Zwanzigern, aber auch gesunde Männer über 50 Jahre, die eine Behandlung ‚aufgeschoben’ haben“, sagt der beratende Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie der GenoGyn, Dr. Martin Elsner. Die Krankengeschichte zeige typischerweise starke psychosoziale Beeinträchtigungen, Isolation und eine Verminderung des Selbstwertgefühls. Fast alle Betroffenen versuchten, über Muskel- und Krafttraining den Makel zu beseitigen, Schwimmen werde vermieden, die Sexualität sei häufig belastet. „Bei bis zu 15-30 % der Männer bleibt die Gynäkomastie langfristig bestehen. Das Gewebe verfestigt sich, sodass eine chirurgische Entfernung erforderlich wird“, so Dr. Elsner weiter. „Auch bei jungen Männern kann eine Operations-Indikation erwogen werden, sollte die Brustvergrößerung so groß sein, dass eine Rückbildung ausgeschlossen werden kann. In der Güterabwägung muss die extreme Belastung der jungen Männer Berücksichtigung finden und im gemeinsamen Gespräch mit den Sorgeberechtigten erörtert werden“, sagt der Kölner Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. „Die Kombinationstherapie aus Entfernung des überschüssigen Brustdrüsengewebes und Fettabsaugung ist heutiger Therapiestandard in der Plastischen Chirurgie. Große belastende Narben sind nicht nötig.“

„Für eine Intensivierung der interdisziplinären Versorgung von Männern mit Gynäkomastie engagiert sich die GenoGyn durch Aufklärung unserer rund 600 Mitglieder und Publikationen in der gynäkologischen Fachpresse“, so der Vorstand der Ärzteorganisation,  Dr. Jürgen Klinghammer.