Frauenärzte sehen IGeL durch aktuelle Umfrage gestärkt (29.02.2016)

Köln. Die Querelen um Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) dauern an: Zuletzt befeuerte Mitte Februar eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) die Diskussion. Danach meinen 38 Prozent der Befragten, Selbstzahlerleistungen beim Arzt hätten eher keinen Nutzen. Sie seien auf keinen Fall nutzbringend sagen weitere 15 Prozent. Reflexartig beherrschte daraufhin der generelle Zweifel am Nutzen der IGeL einmal mehr die Schlagzeilen. Zu Unrecht, sagt der Vorstand der Ärzteorganisation GenoGyn, vielmehr zeige die Befragung im Umkehrschluss, dass es unter den gesetzlich Versicherten etwa ebenso viele Kritiker wie Befürworter (47 Prozent) der Selbstzahlerleistungen gibt. „Dass sich laut TK-Umfrage 30 Prozent der IGeL-Skeptiker doch für die Inanspruchnahme einer Selbstzahlerleistung entscheiden, weil sie im Zweifelsfall der Kompetenz ihres Arztes vertrauen (32 Prozent) spricht vor allem für ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis“, so der Vorstandsvorsitzende der GenoGyn, Frauenarzt Dr. Jürgen Klinghammer.

Weitere 27,4 Prozent der Zweifler stimmen einer IGeL zu, weil sie der Meinung sind, eine Diagnostik oder Therapie mehr könne nicht schaden. „Demzufolge fühlen sich rund 60 Prozent der zweifelnden Patienten bei ihrer Entscheidung, anders als immer wieder unterstellt, keinesfalls unter Druck gesetzt“, sagt Dr. Klinghammer. Zudem ist der Berichterstattung über die bisher nicht in Gänze veröffentlichte TK-Umfrage zu entnehmen, dass sich lediglich 6,6 Prozent der Patienten bei der Inanspruchnahme einer Selbstzahlerleistung „überrumpelt“ fühlen. „Verbesserungsbedarf bleibt bestehen, doch diese Zahl zeigt, dass sich die große Mehrheit der Ärzte an die 2006 auf dem Deutschen Ärztetag verabschiedeten Regeln für das seriöse IGeLn hält und der Generalverdacht auf einen kritikwürdigen Umgang mit IGeL durch Verbraucherzentralen und Krankenkassen unhaltbar ist.“

Das medizinische Gezerre um die Selbstzahlerleistungen geht darauf zurück, dass die gesetzliche Krankenversicherung den Anspruch erhebt, mit ihrem Angebot eine ausreichende Versorgung der Patienten zu finanzieren. Dem halten Ärzte entgegen, dass längst nicht alles, was medizinisch sinnvoll ist, auch Eingang in den gesetzlichen Leistungskatalog findet. In diese Konfrontation reiht sich ein, dass der IGeL-Monitor als Prüfstand des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen keine einzige der bisher untersuchten 39 individuellen Gesundheitsleistungen als „positiv“ bewertet.

Den Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung etwa bewertet der IGeL-Monitor schlicht mit „negativ“, mit höherem Schaden als Nutzen. Dabei ist dieser Ultraschall bei Krebsverdacht eine Kassenleistung, lediglich ohne den Verdacht eine IGeL. GenoGyn-Vorstand Dr. Klinghammer bewertet den Nutzen dieses Ultraschalls höher, da neben den Eierstöcken auch die Gebärmutter, die Gebärmutterschleimhaut und die Harnblase betrachtet werden.

Beim Brust-Ultraschall zur Krebsfrüherkennung bewertet der IGeL-Monitor das Nutzen-Schaden-Verhältnis als „unklar“, um dann in der weiteren Beurteilung zu relativieren: Für Frauen mit hoher Brustdichte gelte diese Bewertung nicht. Bei ihnen könne der Ultraschall Brustkrebs entdecken, den Mammographie und Tastuntersuchung übersähen. Zudem könnten moderne Ultraschallgeräte kleinere Knoten finden, als dies durch Abtasten möglich sei. Obwohl der IGeL-kritische Medizinische Dienst der Krankenkassen insgesamt nur schwache Hinweise auf einen geringen Nutzen des Brust-Ultraschalls zur Krebsfrüherkennung sieht, übernehmen einige gesetzliche Kassen inzwischen trotzdem die Kosten. Den Nutzen des IGeL-Ultraschalls stützt die GenoGyn mit einer eigenen Erhebung. Eine Meldebogenaktion erbrachte 2013 eine erste, wenn auch kleine, Zahlenbasis, wie häufig bei beschwerdefreien Patientinnen durch IGeL-Untersuchungen relevante Erkrankungen eindeutig diagnostiziert wurden: Unter den 72 gemeldeten pathologischen Befunden waren acht Gebärmutterschleimhautkarzinome, je sieben Fälle von Eierstockkrebs und Brustkrebs sowie vier Harnblasenkarzinome, die laut Dr. Klinghammer ohne Sonografie unentdeckt geblieben wären. „Vor diesem Hintergrund werden sich die Frauenärztinnen und -ärzte der GenoGyn weiter mit seriöser Aufklärung um das Vertrauen und die bestmögliche medizinische Versorgung ihrer Patientinnen bemühen – die aktuelle TK-Umfrage zeigt, dass dies gelingen kann.“