Intervallkarzinome im Visier Brustkrebsfrüherkennung: Frauenärzte der GenoGyn raten zu Ultraschall (03.04.2014)
Köln. Mit jährlich rund 70.000 neuen Fällen ist Brustkrebs weiter mit großem Abstand die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Zur Früherkennung wurde in Deutschland flächendeckend ein Mammographie-Screening etabliert, zu dem seit 2009 alle Frauen zwischen 50 und 69 Jahren in zweijährigem Turnus eingeladen werden. Aber auch Frauen, die regelmäßig daran teilnehmen, können zwischen diesen Terminen an einem Brusttumor erkranken. „Diese sogenannten Intervalltumore sind im Röntgenbild anders als etwa beim Ultraschall häufig nicht zu erkennen. Dies gilt besonders für Frauen mit hoher Brustdichte“, sagt der Gynäkologe Dr. Wolf Dieter Fiessler aus dem Vorstand der frauenärztlichen Genossenschaft GenoGyn. Intervallkarzinome sind keineswegs selten, ihr Anteil lag 2010 laut Evaluationsbericht der Kooperationsgemeinschaft Mammographie etwa in Nordrhein-Westfalen bei 22 Prozent aller entdeckten Brustkrebserkrankungen. Daher erachten die Frauenärzte der GenoGyn eine Brust-Ultraschalluntersuchung zwischen den Screening-Terminen und auch für symptomfreie Frauen unter 50 als absolut sinnvoll – wenngleich sie als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) lediglich privat möglich ist, weil Ultraschalluntersuchungen als Kassenleistung eine Indikation voraussetzen.
Ein Intervalltumor ist keine neue Krebsart, sondern lediglich ein Begriff, der dazu dienen soll, die Effektivität des Mammographie-Screenings zu beurteilen. Das Auftreten von Karzinomen zwischen den Screening-Intervallen kann verschiedene Gründe haben: Der Tumor war bereits beim Screening vorhanden, wurde aber nicht entdeckt. Ebenso kann das Karzinom erst nach dem Screening der Brust entstanden und sehr schnell gewachsen sein, sodass es vor dem nächsten Screening beispielsweise durch Ertasten oder Ultraschall bemerkt wurde. Auch kann es sein, dass bei der Analyse der Röntgenaufnahmen minimale Auffälligkeiten nicht als bösartig eingeordnet wurden.
Neben bekannten Risikofaktoren erhöht auch die Brustdichte das Risiko für die Entstehung eines Mammakarzinoms. Dr. Fiessler: „Je größer die Dichte, desto höher ist das Risiko an Brustkrebs zu erkranken. Von hoher Dichte der Brust wird gesprochen, je niedriger ihr Fettanteil unter 50 Prozent liegt und entsprechend höher als 50 Prozent der Anteil an Milchdrüsen- und Bindegewebe ist.“
Zudem hat die Brustdichte, die in vier ACR-Stufen (ACR = American College of Radiology) unterteilt wird, auch Auswirkungen auf die Mammographie selbst. In den Stufen 1 und 2, bei denen die Brust überwiegend aus Fettgewebe besteht und die Dichte somit unter 50 Prozent liegt, können Tumore gut erkannt werden. Anders dagegen bei den Stufen 3 und 4: Hier schränkt das überwiegende Drüsenkörpergewebe der Brust wegen seiner Dichte die Zuverlässigkeit der Mammographie zunehmend ein. Die Brustdichte, die beim Screening zwar festgestellt, aber im Befund nicht mitgeteilt wird, ist deshalb von wesentlicher Bedeutung für die Aussagekraft der Röntgenbilder. Ab ACR-Stufe 3 halten viele Experten eine Ultraschalluntersuchung für unerlässlich. In Österreich werden Frauen inzwischen ab einer Brustdichte von mehr als 50 Prozent zusätzlich zur Mammographie ebenfalls per Ultraschall untersucht, und auch die deutsche S3 Leitlinie empfiehlt, dass die Mammographie bei dichter Brustdrüse durch eine Ultraschalluntersuchung ergänzt werden sollte.
GenoGyn-Vorstand Dr. Fiessler: „Bei dichten Mammae ist Frauen immer ein Brust-Ultraschall angeraten, denn er bietet eine gute Erkennung von Knoten in dichtem Gewebe und somit beste Möglichkeiten auch schnell wachsende Intervalltumore frühzeitig zu erkennen.“ Dies empfiehlt die GenoGyn nicht nur Frauen von 50 bis 69 Jahren zwischen den Intervallen des Mammographie-Screenings und als Ergänzung zur Mammografie, sondern zusätzlich zur Tastuntersuchung auch jüngeren Frauen ab dem 30., auf jeden Fall 35. Lebensjahr, die naturgemäß noch ein festeres und dichteres Brustgewebe oder andere Risikofaktoren haben. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts ist etwa jede vierte Betroffene bei der Diagnose von Brustkrebs unter 55 Jahre alt, jede zehnte sogar jünger als 45.
„Dass symptomfreie Frauen von Brust-Ultraschalluntersuchungen profitieren können, zeigt nicht nur der hohe Anteil von Intervallkarzinomen. Auch unsere eigene GenoGyn-Erhebung zu pathologischen Befunden durch IGeL in der gynäkologischen Praxis, zu denen auch der Brust-Ultraschall zählt, hat dies jüngst unterstrichen“, so Dr. Fiessler.