Übergewicht: GenoGyn sieht Politik seit Langem in der Pflicht – Ärzteorganisation befürwortet Mehrwertsteuer-Staffelung für Lebensmittel (22.11.2017)

Köln. Die Menschen in Deutschland werden immer dicker: Heute ist weit mehr als jeder Zweite übergewichtig, fast jeder vierte Erwachsene gilt nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) sogar als adipös. Die Ärzteorganisation GenoGyn ist seit Jahren in der Prävention dieser Entwicklung aktiv, die durch schwerwiegende Begleit- und Folgeerkrankungen nicht nur vielfaches persönliches Leid, sondern auch volkswirtschaftlichen Schaden verursacht. „Durch Übergewicht und Adipositas wird das deutsche Gesundheitssystem alljährlich mit zweistelligen Milliardenkosten belastet. Appelle zu ausgewogener Ernährung genügen hier nicht, wir brauchen endlich konkrete Maßnahmen“, fordert der GenoGyn-Vorstandsvorsitzende Dr. Jürgen Klinghammer. Vor diesem Hintergrund setzt die GenoGyn Hoffnung in Ergebnisse einer Studie, die in unterschiedlich hohen Steuersätzen für gesunde und kritische Lebensmittel einen wirkungsvollen Beitrag sieht, die stetige Zunahme von starkem Übergewicht zu stoppen.

In der u.a. von Deutscher Adipositas Gesellschaft und Deutscher Diabetes Gesellschaft beauftragten Studie wurden in Anlehnung an verschiedene Szenarien der sogenannten Lebensmittel-Ampel gestaffelte Mehrwertsteuersätze für Nahrungsmittel, besonders deren Auswirkungen auf das Konsumverhalten untersucht. Eine Variante: Obst und Gemüse werden von der Mehrwertsteuer befreit, andere Lebensmittel bleiben weiterhin bei sieben Prozent, stark zucker- oder fetthaltige Produkte werden mindestens mit 19, Softdrinks generell mit 29 Prozent besteuert. Die Studie kommt zu dem Fazit, dass höhere Preise infolge der modifizierten Steuersätze zu reduziertem Konsum führen, wodurch der Anteil stark übergewichtiger Menschen nicht weiter ansteigen werde, sondern um zehn Prozent sinken könne.

Sofern die Besteuerung nicht in kleinsten Schritten, sondern zügig und spürbar angepasst werde, sind nach Erkenntnis der Forscher ähnliche Resultate zu erwarten wie bei der Erhöhung der Tabaksteuer. Der Zigarettenkonsum sei im Gefolge um insgesamt ein Drittel zurückgegangen, besonders stark unter Jugendlichen.

Die Mehrwertsteuer-Staffelung für Lebensmittel fügt sich in eine Reihe von Forderungen ein, die die GenoGyn im Laufe ihrer langjährigen Präventionsarbeit gegen Übergewicht selbst erhoben hat. Dazu zählen die Einführung einer Zuckerabgabe, die Kennzeichnung von Lebensmitteln mit einem Ampelsystem sowie Werbebeschränkungen für besonders ungesunde Produkte. „Für die Umsetzung wäre der Gesetzgeber gefordert. Aber dort versanden konkrete Forderungen immer wieder, so dass sich der Verdacht fehlenden Handlungswillens aufdrängt“, so GenoGyn-Vorstand Dr. Klinghammer. Der Frauenarzt aus Köln weiter: „Die Gesundheit der Bevölkerung scheint der Politik hierzulande weniger am Herzen zu liegen als die Anliegen diverser Lobbygruppen.“ Die ärztliche Genossenschaft, die seit 2008 mit ihrer zertifizierten interdisziplinären Zusatzqualifikation „Präventionsmedizin GSAAM“ die Primärprävention in der gynäkologischen Praxis fördert, sieht die Politik durch die neue Studie unter verschärftem Handlungsdruck.

Die Hauptursachen für Übergewicht und Adipositas sind bekannt: „Neben genetischer Prädisposition wird bei zu geringer körperlicher Aktivität zu viel, zu fett, zu süß und zu salzig gegessen“, sagt Dr. Klinghammer. Die Folgen seien dramatisch. Zahlreiche Studien wiesen nach, dass Adipositas insgesamt mehr als 60 Begleiterkrankungen auslöse. Darunter sind neben orthopädischen Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates besonders Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zahlreiche Krebsarten sowie auch psychische Erkrankungen. In Bezug auf Krebserkrankungen haben Erwachsene, die bereits im Jugendalter einen zu hohen Körperfettanteil hatten, ein höheres Risiko, als jene, die erst in späteren Jahren Fett ansetzen. Bei Frauen im gebärfähigen Alter führt starkes Übergewicht immer öfter zu Zuckerkrankheit in der Schwangerschaft. Dieser Gestationsdiabetes mellitus zählt zu den häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft und birgt lebensbedrohliche Risiken für Mutter und Kind.


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