Frauenärzte der GenoGyn mobilisieren gegen „IGeL-Bashing“ (05.03.2014)

Köln. Seit Jahren sorgen Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) für Schlagzeilen – selten für positive. Das Für und Wider um Nutzen und Notwendigkeit der IGeL spaltet Ärzte und Kassen tief: Die gesetzliche Krankenversicherung beansprucht für sich, mit ihren Leistungen eine ausreichende Versorgung der Patienten zu finanzieren. Das sehen Ärzte völlig anders. Längst nicht alles, was medizinisch sinnvoll ist, findet auch Eingang in den gesetzlichen Leistungskatalog, so die frauenärztliche Genossenschaft GenoGyn. Dem zunehmenden Wunsch vieler Patienten nach modernsten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden entsprechend werden IGeL angeboten – und Ärzte dafür in der öffentlichen Debatte vielfach als Abzocker gescholten. „Das ist natürlich keine Abzocke, denn in vielen Fällen sind IGeL absolut sinnvoll. Deutlicher Nutzen wird ihnen auch durch unsere eigene aktuelle Erhebung zu pathologischen Befunden durch IGeL in der Frauenheilkunde bestätigt“, sagt Dr. Jürgen Klinghammer aus dem Vorstand der GenoGyn. Vereinzelt werden IGeL inzwischen auch von einigen Krankenkassen übernommen – für die Frauenärzte ein weiterer Beleg für deren Notwendigkeit.

2013 hatten sich 23 gynäkologische Praxen an einer Meldebogen-Aktion der GenoGyn beteiligt, über die eine erste kleine Zahlenbasis gewonnen wurde, wie häufig durch die verschiedenen angebotenen IGeL-Untersuchungen bei beschwerdefreien Patientinnen relevante Erkrankungen diagnostiziert wurden. Unter den 72 gemeldeten pathologischen Befunden durch IGeL: acht Gebärmutterschleimhautkarzinome, je sieben Fälle von Brustkrebs, Eierstockkrebs sowie nicht bekannten Myomen, vier Harnblasenkarzinome, dazu acht Streptokokken- sowie jeweils drei Cytomegalie- und akute Toxoplasmoseinfektionen bei Schwangeren. Außerdem wurden per Dünnschichtzytologie mehrere schwere Dysplasien erkannt, die durch den konventionellen und von den Kassen bezahlten Pap-Test nicht erkannt worden wären. „Dass wir mithilfe der Sonografie so viele versteckte Karzinome, darunter eben auch Blasentumore, entdecken konnten, spricht eine deutliche Sprache“, sagt Frauenarzt Dr. Klinghammer.

Mit ihrer Erhebung will die GenoGyn einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion um die wahlfreien Gesundheitsleistungen erbringen, insbesondere auch, um in der gynäkologischen Praxis dem IGeL-Monitor und seiner fragwürdigen Nutzen-Schaden-Abwägung entgegentreten zu können. „Unsere Zahlen stellen natürlich nur eine kleine Stichprobe dar, aber sie scheinen uns doch aussagekräftig genug, um Trends zu erkennen und um zumindest für die Zukunft repräsentative Untersuchungen über den Nutzen von IGeL in der Praxis anzuregen und das Bashing zu beenden“, so der Vertreter der GenoGyn.

Häufige Kritik und negative Empfehlungen von Politik und Krankenkassen konnten nicht verhindern, dass das Segment der selbst zu zahlenden Leistungen im Gesundheitsmarkt in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist. Dies spiegelt durchaus den Eindruck vieler Patienten wider, dass der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen allenfalls noch eine Minimalversorgung gewährleistet. Ähnlich sieht es Frauenarzt Dr. Klinghammer: „Je knapper die Finanzen, desto schmaler der Leistungskatalog – und desto weniger innovative Medizin kommt bei den Patienten an.“

Der IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, naturgemäß sehr IGeL-kritisch, bewertet derweil kein einziges IGeL-Angebot als positiv – und dass, obwohl diese in anderen Ländern teilweise schon lange obligatorisch sind. Mit Unverständnis reagiert die GenoGyn auch darauf, dass es etwa auf die Sonographie von Uterus und Endometrium in der Frauenheilkunde sowie weitere sinnvolle Untersuchungen in der Schwangerschaft bis heute noch nicht einmal Hinweise im IGeL-Monitor gibt.

Immerhin nähern sich einige gesetzliche Krankenkassen den IGeL an und übernehmen vereinzelt Kosten. Dies gilt beispielsweise für den Brustultraschall zur Krebsfrüherkennung für Frauen. Von zwölf der 132 Krankenkassen in Deutschland, darunter die AOK in Hessen und Sachsen-Anhalt, wird die Untersuchung bezahlt. Auch die Kosten für den IGeL-Test auf eine Toxoplasmoseinfektion, die in der Schwangerschaft sehr gefährlich für das Kind verlaufen kann, den der IGeL-Monitor aber schlichtweg „negativ“ bewertet, werden inzwischen von 32 Krankenkassen übernommen.

GenoGyn-Vorstand Dr. Klinghammer begrüßt diese Entwicklung und verweist auf das Screening auf Schwangerschafts-Diabetes, das ebenfalls lange von den Frauenärzten nur als Selbstzahlerleistung angeboten werden konnte, bis es 2012 in den gesetzlichen Leistungskatalog aufgenommen wurde: „Bestärkt durch unsere IGeL-Erhebung werden wir unseren Patientinnen weiterhin eine zeitgemäße sinnvolle Medizin auch über die Grenzen der Basisversorgung der Krankenkassen hinaus ermöglichen.“

Eine ausführliche Auswertung der IGeL-Erhebung der GenoGyn ist unter www.genogyn-rheinland.de/content_gg/cont_10344.umfragen.php einzusehen.