Risikogruppen besser aufklären – Über 65? Dunkler Hauttyp? Frauenärzte warnen vor Vitamin-D-Mangel (20.02.2014)

Köln. Immer mehr Forschungsergebnisse belegen, wie unverzichtbar Vitamin D für den Menschen ist. Zugleich konstatiert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V., dass circa 60 Prozent der Bevölkerung nicht optimal mit Vitamin D versorgt sind. „Die Bedeutung von Vitamin D geht weit über die Beeinflussung des Knochenstoffwechsels hinaus. In der Prävention ist es ein Meilenstein. Umgekehrt hat ein Mangel an Vitamin D viele negative Auswirkungen auf die Gesundheit“, sagt Frauenarzt Dr. Stephan Krehwinkel aus dem Aufsichtsrat der ärztlichen Genossenschaft GenoGyn. Die Gynäkologen, die sich seit Jahren in der Präventionsmedizin engagieren, plädieren für eine bessere Aufklärung. Nur so könnten vor allem Risikogruppen frühzeitig gegensteuern und Folgeerscheinungen eines Vitamin-D-Mangels vorbeugen.

Das fettlösliche Vitamin D ist ein Sonderfall unter den Vitaminen, denn es gleicht in seiner Zusammensetzung eher Hormonen wie Cortisol und Östrogen. Nur etwa zehn Prozent des Vitamin-D-Bedarfs werden über wenige Lebensmittel wie fetten Fisch (Hering, Lachs, Makrele), Eigelb und einige Pilze beigesteuert. Zu 90 Prozent wird es vom Körper selbst produziert – von der Haut und nur unter dem Einfluss von Sonnenlicht. Allerdings ist in unseren Breiten in der winterlichen Hälfte des Jahres die notwendige Ultraviolettstrahlung (UVB) des Sonnenlichts nicht groß genug für eine ausreichende Vitamin-D-Synthese. Aber auch in den sommerlichen Monaten wird aus berechtigter Sorge vor Hautkrebs und Hautalterung durch den Einsatz von Sonnenschutzmitteln ab Lichtschutzfaktor 15 die UVB-Strahlung fast vollständig abgeblockt.

Die größte Risikogruppe für einen Mangel an Vitamin D bilden neben allen, die sich kaum ungeschützt oder, wie zum Beispiel verschleierte Frauen, nur vollständig bekleidet der Sonne aussetzen, vor allem ältere Menschen. Mit zunehmendem Alter verringert sich die Leistungsfähigkeit der Haut zur Vitamin-D-Produktion – jenseits der 65 kann dies bei mehr als der Hälfte liegen. Zudem verhindern Immobilität und Pflegebedürftigkeit im Alter häufig den Aufenthalt im Freien. Außerdem sind Personen mit dunklem Hauttyp, also besonders Menschen mit Migrationshintergrund, besonders gefährdet, da sie weniger Vitamin D bilden können.

Folgeerscheinungen des Vitamin-D-Mangels sind vielfältig: Mit deutlicher Evidenz geht ein optimaler Vitamin-D-Status bei Älteren mit einem geringeren Risiko für Stürze und Frakturen durch Osteoporose einher. Auch nachlassende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates in Bezug auf Kraft, Mobilität und Gleichgewicht ist seltener. Dr. Krehwinkel weist zudem auf Studien hin, die einer verbesserten Immunität durch Vitamin D eine reduzierte Gefahr der Metastasierung von Darm- und Brustkrebs zuschreiben. Dies werde auch für andere Krebsarten und die Entstehung bösartiger Tumoren angenommen und untersucht. „Außerdem scheint Vitamin-D-Mangel nach bisherigem Wissensstand ein Risikofaktor für Herzinfarkt, Schlaganfall und hohen Blutdruck sowie für Allergien und Asthma oder Erkrankungen wie Diabetes mellitus, chronische Darmerkrankungen, Lungenentzündungen und grippale Infekte, aber auch für schwere Erkrankungen des Nervensystems wie Multiple Sklerose bis hin zu Demenz zu sein“, so der Frauenarzt aus Aachen. Eine mangelhafte Vitamin-D-Versorgung steht zudem im Verdacht, Komplikationen in der Schwangerschaft zu begünstigen. Nach Untersuchungen der Universität Gießen erkranken Schwangere mit Vitamin-D-Mangel häufiger an Diabetes und Bluthochdruck, sind mehr von Infektionen geplagt und erleiden häufiger Frühgeburten.

Der Vitamin-D-Status wird mittels der Konzentration von 25-Hydroxvitamin D (25[OH]D) im Blutserum bestimmt. Mindestens 50 Nanomol pro Liter gelten als wünschenswert, unterhalb von 30 wird von Vitamin-D-Mangel gesprochen. In diesem Fall hält Dr. Krehwinkel für die Erhaltung der Knochendichte die tägliche Aufnahme von 800 Internationalen Einheiten (IE) über ein entsprechendes Präparat für ausreichend. Wer jedoch die ganze Bandbreite der schützenden Wirkung von Vitamin D erreichen wolle, benötige abhängig von Alter, Hauttyp, Ernährung und Sonnenexposition eher bis zu 3000 oder 4000 IE pro Tag. Das präventive Potenzial von Vitamin D schätzt der Vertreter der GenoGyn, die 2014 ihr 15-jähriges Bestehen begeht, sehr hoch ein.